Wer ist ein Prüfingenieur für Standsicherheit?
In Bayern werden Prüfingenieure für Standsicherheit von der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern anerkannt. Das Anerkennungsverfahren und die entsprechenden Anforderungen sind durch die Bayerische Bauordnung geregelt.
Neben den Prüfingenieuren, die diese Berufsbezeichnung personenbezogen führen dürfen, gibt es auch noch Prüfämter für Standsicherheit, wie z.B. die Landesgewerbeanstalt. Die Bezeichnung „Prüfingenieur für Standsicherheit“ darf nur führen, wer die hierfür erforderliche Anerkennung besitzt. Zuwiderhandlungen sind mit empfindlichen Geldstrafen belegt.
Und was ist dann bitte ein Prüfsachverständiger für Standsicherheit?
Diese zusätzliche Bezeichnung wurde im Rahmen der letzten Änderung der Bayerischen Bauordnung von 2008 geschaffen.
Nach dieser Verordnungsnovelle gibt es hinsichtlich der Prüfpflicht der Standsicherheitsnachweise (Statik) mehrere Stufen:
Verfahrensfreie Bauvorhaben
Bei diesen Bauvorhaben ist es nicht erforderlich, daß die Standsicherheitsnachweise geprüft werden müssen. Bitte beachten Sie jedoch, daß in diesem Fall – gerade weil keine Prüfung erfolgt – die Standsicherheitsnachweise durch einen dazu berechtigten Tragwerksplaner erstellt werden müssen.
Genehmigungspflichtige Bauvorhaben
Bei diesen Bauvorhaben muß die Prüfpflichtigkeit anhand eines Kriterienkataloges, der vom Tragwerksplaner verbindlich auszufüllen ist, beurteilt werden. Wird eines oder mehrere dieser Kriterien nicht erfüllt, ist das Bauvorhaben prüfpflichtig. Der Bauherr beauftragt hierzu in einem privatrechtlichen Vertragsverhältnis einen von ihm zu wählenden Prüfsachverständigen für Standsicherheit. Die Anforderungen an einen Prüfsachverständigen für Standsicherheit sind grundsätzlich dieselben wie an einen Prüfingenieur für Standsicherheit. Dies bedeutet also, daß sich seine Bezeichnung nur durch die Art der Beauftragung ändert. Als Bauherr sollten Sie keinen Einfluß auf den Tragwerksplaner ausüben. Wird ein objektiv prüfpflichtiges Bauvorhaben wider besseren Wissens des Tragwerksplaners nicht geprüft, besteht im Schadensfall das Risiko, daß die Haftpflichtversicherung die Regulierung verweigert.
Sonderbauten und „große“ Bauvorhaben
Sofern bei einem Bauvorhaben ein öffentliches Interesse an dessen Standsicherheit besteht (z.B. Krankenhäuser, Schulen, Hochhäuser etc.), erteilt die für die Baugenehmigung zuständige Untere Bauaufsichtsbehörde (Landratsamt etc.) an einen Prüfingenieur für Standsicherheit den Auftrag zur Prüfung der Standsicherheitsnachweise.
Was zeichnet einen Prüfingenieur für Standsicherheit aus?
Um in Bayern als Prüfingenieur für Standsicherheit anerkannt zu werden, muß sich der Bewerber einer umfangreichen Prüfung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten unterziehen. Die Voraussetzungen, um überhaupt zu dieser Prüfung zugelassen zu werden, sind folgende: mindestens 10-jährige Erfahrung im Aufstellen von Standsicherheitsnachweisen, mindestens 1-jährige Erfahrung in technischer Bauleitung und Objektüberwachung, mindestens 2-jährige, eigenverantwortliche (d.h. selbständige) Tätigkeit als Tragwerksplaner, oder Tätigkeit als hauptberuflicher Hochschullehrer (Professor).
Er hat nachzuweisen, daß er Bauvorhaben von hohem Schwierigkeitsgrad bearbeitet hat. Die Anerkennung eines Prüfingenieurs für Standsicherheit erfolgt für eine oder auch mehrere der folgenden Fachrichtungen.
• Massivbau
• Metallbau
• Holzbau.
Warum Sie einen Prüfingenieur für Standsicherheit benötigen!
Die einfachste, aber wenig hilfreiche Begründung, ist die, daß die gesetzlichen Vorschriften dies bei bestimmten Bauvorhaben verlangen.
So einfach will ich es mir aber nicht machen. Es ist sicherlich eine unbestrittene Tatsache, daß niemand mit absoluter Sicherheit behaupten kann, er würde keine Fehler machen. Deshalb gilt in Deutschland hinsichtlich der Standsicherheitsnachweise das sogenannte 4-Augen-Prinzip. Das heißt, daß die Arbeit des Tragwerksplaners von einer zweiten Person – in diesem Fall vom Prüfingenieur – überprüft wird. Hierdurch werden eventuell vorhandene Fehler aufgedeckt und damit teure Bauschäden vermieden.
Die Prüfung der bautechnischen Unterlagen durch einen Prüfingenieur für Standsicherheti führt somit zu einer Qualitätssteigerung bzw. der Qualitätssicherung für Ihr Bauvorhaben.
Was hat ein Bauherr eigentlich mit einem Prüfingenieur für Standsicherheit zu tun?
Falls der Prüfingenieur durch die Untere Bauaufsichtsbehörde beauftragt wird, besteht kein direktes Rechtsverhältnis zwischen dem Bauherrn und dem Prüfingenieur. Da jedoch letztendlich der Bauherr durch seine Genehmigungsgebühr den Prüfingenieur bezahlt, hat der Bauherr sicherlich den Anspruch auf eine zügige und objektive Bearbeitung.
Wenn jedoch der Prüfingenieur in seiner Eigenschaft als Prüfsachverständiger für Standsicherheit tätig wird, besteht ein vertragliches Verhältnis zwischen Bauherr und Sachverständigen. Der Bauherr schafft durch die Erteilung des Auftrags an einen Prüfsachverständigen für Standsicherheit die Grundlage für die Bearbeitung. Im Normalfall laufen alle weiteren Maßnahmen im direkten Kontakt zwischen dem vom Bauherrn beauftragten Tragwerksplaner und dem Prüfsachverständigen ab.
Wie geht man mit einem Prüfingenieur um?
Auch Prüfingenieure sind nur Menschen!
Bitte erwarten Sie daher auch nicht unmögliches. Die entsprechend sorgfältige Bearbeitung der für Ihr Bauvorhaben zu prüfenden Unterlagen benötigt natürlich auch ihre Zeit. Bitte bedenken Sie auch, daß im Büro eines Prüfingenieurs nicht ausschließlich an Ihrem Bauvorhaben gearbeitet werden kann. Die Erfahrung vieler Prüfingenieure in ihren Büros zeigt, daß es kaum etwas vergänglicheres gibt als einen schön ausgearbeiteten Terminplan für die Bearbeitung von Prüfaufträgen. Die Unterlagen zum Bauvorhaben A waren schon vor 3 Wochen täglich angekündigt worden; tatsächlich sind sie zusammen mit den Unterlagen von Bauvorhaben B, das eigentlich erst in einem Monat bearbeitet werden sollte, im Büro eingegangen!
Bitte bedenken Sie auch, daß der Prüfingenieur in der Zeit, in der er Ihnen oder dem von Ihnen beauftragten Tragwerksplaner Auskünfte erteilt, nicht an den Unterlagen arbeiten kann.
Welche Aufgaben haben der Bauherr und die anderen Beteiligten an einem Bauvorhaben bei der Abwicklung eines Prüfauftrages?
Zunächst muß festgestellt werden, daß der Bauherr durch seinen Bauwunsch als „Verursacher“ aller dazu erforderlichen Maßnahmen zu betrachten ist. Dies bedeutet letztendlich, daß der Bauherr dafür verantwortlich ist, daß alle erforderlichen Unterlagen und Pläne den zuständigen Stellen zur Verfügung gestellt werden. Da im Regelfall der Bauherr als Laie zu betrachten ist, wird er diese Aufgabe dem von ihm beauftragten Architekten und/oder Tragwerksplaner übertragen.
Bei gemäß Kritreienkatalog prüfpflichtigen Bauvorhaben ist eine sehr wichtige Aufgabe des Bauherrn die rechtzeitige Beauftragung eines geeigneten Prüfsachverständigen für Standsicherheit. Wobei „geeignet“ in diesem Fall bedeutet, daß ein für den, bei Ihrem Bauvorhaben maßgeblichen Baustoff, anerkannter Prüfsachverständiger für Standsicherheit beauftragt wird. Bei der Auswahl kann Ihnen sicherlich Ihr Tragwerksplaner weiterhelfen.
Eine weitere wichtige, wenn auch unangenehme Aufgabe des Bauherrn ist die rechtzeitige Einzahlung eines Kostenvorschusses, falls ein solcher gefordert ist. Die Notwendigkeit dieser Maßnahme hat sich leider aufgrund negativer Erfahrungen ergeben.
Was kostet das Ganze?
Die Abrechnung der Prüfgebühren erfolgt auf der Grundlage der Verordnung über die Prüfingenieure, Prüfämter und Prüfsachverständigen im Bauwesen (PrüfVBau). Zur Ermittlung und Abrechnung des Honorars wurde die Bewertungs- und Verrechnungsstelle der Prüfsachverständigen in Bayern GmbH (BVS) an der Bayerischen Ingenieurekammer- Bau gegründet. Für Bauherrn, die vorsteuerabzugsberechtigt sind, ergibt sich in diesem Fall, bei dem es sich um ein umsatzsteuerpflichtiges Honorar handelt, ein Vorteil.
Grundsätzlich schaffen Gebührenordnungen die Grundlage dafür, daß kein „Preiskampf“ entsteht. Bedenken Sie bitte, daß eine entsprechend sorgfältige Bearbeitung nur durch ein auskömmliches Honorar sichergestellt werden kann. Auch wenn es nicht immer sofort erkennbar und quantifizierbar ist, stellt die bautechnische Prüfung eine Qualitätssicherung bzw. eine Qualitätssteigerung für Ihr Bauvorhaben dar.
Wie haftet ein Prüfingenieur für seine Leistungen?
Auch Prüfingenieure und Prüfsachverständige für Standsicherheit sind nicht unfehlbar. Falls im Rahmen der Prüftätigkeit Fehler begangen wurden, ist er Prüfingenieur bzw. der Prüfsachverständige für Standsicherheit innerhalb bestimmter Grenzen hierfür haftbar.
Da bei der Tätigkeit als Prüfsachverständiger für Standsicherheit ein direktes Vertragsverhältnis zwischen diesem und dem Bauherrn besteht, ist der Prüfsachverständige auch direkt dem Bauherrn gegenüber haftbar. Eine präzise Haftungsabgrenzung ist aufgrund des relativ geringen Erfahrungszeitraums derzeit noch nicht möglich. Es ist davon auszugehen, daß ein Prüfsachverständiger dem Bauherrn gegenüber für fahrlässig und vorsätzlich hervorgerufene Schäden verantwortlich ist. Wird der Prüfingenieur im Auftrag der Unteren Bauaufsichtsbehörde tätig, gelten andere Haftungsregeln, die gesetzlich festgelegt sind. Die Haftung ist hier bedeutend schwächer als bei der Tätigkeit eines Prüfsachverständigen für Standsicherheit.
Erfahrungsgemäß ergeben sich jedoch die häufigsten Reibungspunkte aus terminlichen Problemen. Der Prüfingenieur bzw. der Prüfsachverständige für Standsicherheit ist verpflichtet, die ihm vorgelegten Unterlagen innerhalb eines „angemessenen“ Zeitraumes zu bearbeiten. Diese Angemessenheit richtet sich verständlicherweise nach Art und Umfang der Unterlagen. Es ist hier auch besonders wichtig, daß die Unterlagen rechtzeitig zur Prüfung vorgelegt werden. Der Prüfingenieur bzw. Prüfsachverständige für Standsicherheit ist das letzte Glied im Planungsablauf eines Bauvorhabens. Es wäre doch sicherlich unfair, zu verlangen, daß der letzte in der Reihe die Versäumnisse der vor ihm Tätigen „auszubügeln“ hat.
Was geschieht, wenn zwischen dem Prüfingenieur und den anderen Beteiligten Differenzen entstehen?
Hier gilt zunächst dasselbe, wie in allen anderen Lebensbereichen: Handelt es sich bei den Problemen um Differenzen auf der persönlichen oder der fachlichen Ebene?
Da der Bauherr bei Bauvorhaben mittleren Schwierigkeitsgrades den Prüfsachverständigen für Standsicherheit selbst wählen kann, sollte er hierbei seinen Tragwerksplaner zu Rate ziehen, da dieser hauptsächlich mit dem Prüfsachverständigen für Standsicherheit zusammenarbeiten muß.
Anders ist dies bei der Beauftragung eines Prüfingenieurs. Die Entscheidung, wer beauftragt wird, fällt hier alleine die Untere Bauaufsichtsbehörde. Der Bauherr kann hier allenfalls Wünsche äußern, ohne jedoch einen Anspruch auf deren Umsetzung zu haben. Falls doch einmal Differenzen auftreten, empfiehlt sich eine gemeinsame Besprechung, die erfahrungsgemäß auch durch den Einsatz der neuesten medialen Möglichkeiten nicht ersetzt werden kann.
Falls die Differenzen sich als unüberwindbar erweisen, besteht seitens des Prüfingenieurs sogar die Möglichkeit, den Tragwerksplaner abzulehnen und die Beauftragung eines anderen Tragwerksplaner zu verlangen. Die umgekehrte Richtung ist weit schwieriger durchzusetzen. Bei Bauvorhaben mittleren Schwierigkeitsgrades hat der Bauherr ein Vertragsverhältnis mit dem von ihm gewählten Prüfsachverständigen für Standsicherheit und ist somit an diesen Vertrag gebunden.
Die Erfahrung zeigt, daß bei etwas gutem Willen aller Beteiligten eine derartige Eskalation in nahezu allen Fällen vermieden werden kann.
Wo bekommen Sie Rat und Hilfe?
Zunächst sollte Ihr Ansprechpartner der von Ihnen beauftragte Architekt und/oder Tragwerksplaner sein. Er wird Sie hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen fachkundig und eingehend beraten. So steht z.B. in dem Baugenehmigungsbescheid, den Sie von Ihrer Unteren Bauaufsichtsbehörde erhalten, in welche Kategorie das von Ihnen beantragte Bauvorhaben einzuordnen ist.
Bei Bauvorhaben mittleren Schwierigkeitsgrades wenden Sie sich bezüglich des Honorars an die
Bewertungs- und Verrechnungsstelle der Prüfsachverständigen in Bayern GmbH an der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau
Schlierseestraße 73, 81539 München
Telefon: 089/929276-0, Fax: 089/929276-50
E-Mail: bewertungsstelle@bvs-by.org
Darüber hinaus kann Ihnen die BVS auch mitteilen, welchem Baustoff Ihr Bauvorhaben zuzuordnen ist. Der BVS ist es jedoch nicht gestattet, Ihnen Personenvorschläge zu machen.